Die Literaturrecherche steht relativ am Anfang deiner wissenschaftlichen Arbeit an. Abhängig davon, ob du eine Hausarbeit, Seminararbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation verfasst, fällt der Umfang dieser Recherche unterschiedlich aus. Die größte Gefahr besteht meiner Meinung nach darin, dass du dir für die Recherche zu viel Zeit nimmst und dir diese Zeit gegen Ende des Abgabetermins fehlt.
Dein Ziel sollte daher sein, den Zeitaufwand und die Anzahl der Literaturquelle an die Art deines wissenschaftlichen Textes anzupassen – ohne dass die Qualität der gefundenen Quellen darunter leidet. Und genau das erfährst du in diesem Artikel:
- Wie du den zeitlichen Umfang deiner Recherche eingrenzt, damit du dich nicht verzettelst.
- Welche 3 Systeme der Literaturrecherche dir zur Verfügung stehen.
- Wie du diese Systeme für dich nützt.
Definiere deine Recherchezeit
Damit dein Zeitaufwand für die Literaturrecherche nicht unnötig ausartet (diese Zeit wird dir nämlich dann an einer anderen Stelle fehlen), muss dir bewusst sein, wie lange du insgesamt für deine wissenschaftliche Arbeit Zeit hast und welche Meilensteine du bis wann absolvieren musst. Deshalb empfehle ich dir einen Projektplan anzulegen. Halte den Start- und Abgabetermin fest und definiere deine Meilensteine. Je nach Art der wissenschaftlichen Arbeit können diese unterschiedlich ausfallen. Beispiele hierfür sind:
- Literaturrecherche durchführen
- Literatur sichten und exzerpieren
- Forschungsdesign planen
- Forschung durchführen
- Forschung auswerten
- Forschung schreiben
- Schreiben von Kapitel X
- Theorieteil fertigstellen
- Diskussionsteil
- Schluss und Einleitung
- Lektorat
- Endformatierung
- Usw.
Wenn du all deine Meilensteine im Überblick hast, dann gilt es für dich, diese in zwischen deinem Start- und Abgabetermin vernünftig bzw. realistisch zu verteilen. Selbstverständlich auch dein Zeitfenster für die Literaturrecherche. Nehmen wir an, du schreibst eine Bachelorarbeit und hast 3 Monate Zeit, deine Thesis zu verfassen. In diesem Fall solltest du maximal 1,5 bis 2 Wochen für die Recherche und Beschaffung deiner Literatur aufwenden. Bei einer Masterthesis, für die du im Vollzeitstudium 6 Monate Zeit hast, würde ich maximal 2,5 bis 3 Wochen aufwenden. Aber Achtung: Ich meine hier nur die Recherche. Sichten und Exzerpieren kommen noch dazu.
Ich glaube, es versteht sich von selbst, dass du diesen Zeitplan so früh wie möglich erstellst. Denn er hilft dir natürlich nicht, wenn du nach monatelanger Prokrastination vier Wochen vor Abgabe dich erstmalig an die Masterthesis setzt und dir einen Zeitplan formst In weiterer Folge gilt es natürlich, diesen Zeitplan/Projektplan auch einzuhalten. Wie du es schaffst, einen realistischen Zeitplan für deine Masterarbeit bzw. Bachelorarbeit aufzusetzen, verrate ich dir in einem anderem Blog-Artikel.
Wesentlich dabei ist, dass du dich voll und ganz darauf fokussiert und strukturiert an die Recherche herangehst. Dazu gibt es 3 Möglichkeiten, die du auch in dieser Reihenfolge anwendest.
- Das Schneeballsystem/Die Rückwärtssuche
- Die systematische Literaturrecherche
- Die Vorwärtssuche
Parallel wendest du das Prinzip „Von-nah-zu-fern“. Wenn du an dieser Stelle nicht weißt, was ich damit meine, wird sich das gleich aufklären.
Das Schneeballsystem (Die Rückwärtssuche)
Beim Schneeballsystem hältst du eine Quelle zu deinem Thema in Händen. Bestenfalls eine richtig brauchbare Quelle. Diese entspricht einerseits den Kriterien einer wissenschaftlichen Literatur und zum anderen befasst sie sich natürlich genau mit deinem Thema. Wenn du in dieser Quelle feststellst, dass eine zitierte Quelle ganz häufig dein Interesse weckt und du dir dann genau diese Quelle im Original besorgst, wendest du das Schneeballsystem an.
Wie du zu deiner ersten Quelle/zu deinen ersten Quellen kommst? Mit dem „Nah-zu-fern“-Prinzip: Betreuer fragen – Publikationen des Betreuers – Angeführte Literatur aus Vorlesungsfächern – Nachschlagewerke, Fachlexika, Überblickswerke – Uni-Bibliothek – Google Scholar
>> Tipp: Verwende an dieser Stelle bereits ein Suchprotokoll und schreibe dir Schlagworte bzw. relevante Begriffe auf, die du in der Literatur zu deinem Thema findest. Damit sammelst du bereits mögliche Suchbegriffe für die systematische Literaturrecherche.
Mit dem Schneeballprinzip hast du mit großer Wahrscheinlichkeit bereits erste Quellen für deine wissenschaftliche Arbeit gefunden.
Die systematische Literaturrecherche
Als nächstes wendest du die systematisch Literaturrecherche an. Hier gehst du, Achtung , systematisch vor. Du machst dir also vorab einen Plan und überlegst dir folgendes:
- Welche Suchbegriffe wirst du verwenden?
- Welche Suchkriterien legst du fest (Erscheinungsjahr, etc.)?
- Wo wirst du suchen – also in welchen Bibliotheken und Datenbanken wirst du suchen?
Auf die Suchbegriffe, Suchkriterien und Bibliotheken und Datenbanken werde ich in einem eigenen Blog-Artikel eingehen. Die Frage, die am häufigsten hinsichtlich Bibliotheken und Datenbanken gestellt wird, ist bestimmt „In welcher Bibliothek und in welcher Datenbank soll ich denn suchen?“
In welcher Bibliothek und in welcher Datenbank sollst du suchen?
Die Antwort: Wende das Prinzip „Nah-zu-fern“ an! Gehe also mal in die (Online) Bibliothek deiner Hochschule. Die führt die Bücher, die zu deinem Studiengang passen, und die wahrscheinlich auch noch mit Büchern bestückt ist, die dein Betreuer als gut empfindet. Suche demnach mit den Suchbegriffen im Bibliothekskatalog deiner Hochschule und gehe dann erst zu anderen Bibliothekskatalogen.
Nun ist noch die Frage zu klären, welche Datenbanken für dich in Frage kommen. Auch hier fragst du zuerst mal deinen Betreuer. Danach siehst du auf der Website deiner Hochschule nach: Für welche Datenbanken haben sie Lizenzen gekauft? Vor allem diese können für dich und deine Arbeit relevant sein. Erst danach recherchierst du nach weiteren Datenbanken.
>> Tipp: Hochschulen bieten kostenlose Schulungen zur Literaturrecherche an und wie du dich innerhalb des Standortes zurechtfindest.
Suche im www
Natürlich kannst du auch mit Google eine systematische Literaturrecherche durchführen. Wichtig dabei ist, dass die gefundene bzw. verwendete Literatur wissenschaftlichen Kriterien entspricht. Auch hier lohnt es sich, ein Suchprotokoll zu führen und Kriterien festzulegen. Beispielsweise „Die ersten 50 Treffer“ von Google.
Hier lohnt es sich reinzuschauen
https://kvk.bibliothek.kit.edu
https://scholar.google.de/ (Deutsche Version)
https://scholar.google.com/ (Englische Version)
https://scholar.google.com/schhp?hl=en&as_sdt=0,5#d=gs_asd (Direktlink zur erweiterten Suche)
Die Vorwärtssuche
Die ersten beiden Systeme zur Literaturrecherche sind bekannt und werden bewusst bzw. auch unbewusst angewandt. Die Vorwärtssuche kommt eher seltener zur Anwendung, wobei sie einen enormen Mehrwert liefert. Was wird hier also gemacht?
Angenommen, du hast eine gute Quelle vor dir liegen. Dann kannst du mit Hilfe vieler Suchmaschinen nach Literatur suchen, die diese Quelle zitiert haben. Also Literatur, die jünger sind, als die vor die liegende Quelle. Diese Funktion wird in Suchmaschinen zumeist als „zitiert von“ oder „cited by“ geführt.
Der Vorteil ist, dass du herausfindest, wer sich nach Erscheinung dieser für dich relevanten, vorliegenden Quelle mit diesem Thema beschäftigt hat oder sogar ein ähnliches Problemfeld wie du bearbeitet hat.
Gibt es noch was Praktisches zu erzählen?
Ja klar. Du wendest die Systeme also am besten nacheinander innerhalb eines realistisch vordefinierten Zeitraumes.
- Die definierten Suchwörter und Suchkriterien kannst du im Laufe der Recherche immer verfeinern oder verbessern.
- Es kann auch sein, dass du je nach Suchort andere Kriterien definierst.
- Mit neu gefundenen Suchwörtern im Zuge der Recherche solltest du auch durch bereits durchsuchte Datenbanken und Bibliotheken durchschicken
- Besinne dich immer darauf: Ist das, was ich da finde, für meine Arbeit relevant!?
- Obwohl du dich während eines gewissen Zeitraumes dich rein um die Literaturrecherche kümmerst, ist die Ergänzung von Quellen erst dann abgeschlossen, wenn du deine Arbeit abgegeben hast.
- Den schnellen, einfachen und richtigen Umgang mit der Literatur erlernst du in meinem Online Kurs "Literatur richtig suchen, sichten und lesen."
Fazit
Die Schwierigkeit bei der Literaturrecherche liegt darin,
- nicht zu viel Zeit im Verhältnis zu den anderen Arbeiten zu verbringen
- aber dennoch alle relevanten Quellen zu finden.
Das Geheimnis, es doch schaffbar zu machen ist Eingrenzung. Eingrenzung gelingt dir vor der Literaturrecherche bei der Themenauswahl, bei der Forschungsfrage und bei der Zielsetzung deiner Arbeit. Bei der Literaturrecherche gelingt es dir in weiterer Folge durch gezielte Festlegung von Suchwörtern und Suchkriterien.
Wenn du also vor lauter Quellen deinen Schreibtisch nicht mehr siehst oder die gefundenen Quellen keinen Platz mehr auf deiner Festplatte haben, kontrolliere, ob du Eingrenzungen vornehmen kannst.
Drei ultimative Hinweise zum Schluss
- Wenn du diese Systeme anwendest, bist du sehr gewissenhaft vorgegangen und deine Ergebnisse werden richtig gut sein. Du hast deinen Betreuer mehrmals eingebunden und du hast deine Recherche protokolliert. Ja, es mag sein, dass es noch weitere relevante Quellen gäbe. Aber das darfst du hiermit akzeptieren und dich vom Perfektionismus und von deiner Angst „etwas übersehen zu haben“ verabschieden. Das ist nun mal so und das passiert auch Teams von profunden Wissenschaftlern. Und die sind mehr und machen das täglich… Also: Mut zur Lücke 😀
- Bleib nicht bei der Recherche stecken, sondern gehe mutig den nächsten Schritt. Nur so kommst du Richtung Abgabe. Vertraue darauf, dass dir überaus relevante Literatur sowieso während der Literatursichtung in die Hände fallen wird! Und wenn du alle 3 Systeme gewissenhaft anwendest, dann sowieso!
- Wenn du eine Schritt-für-Schritt-Anleitung möchtest, dann sichere dir den Selbst-Schreib-Kurs "Literatur: Suchen, sichten und exzerpieren mit System".
>> Welche sind deine persönlichen Herausforderungen bei der Literaturrecherche? Schreib sie mir gerne in die Kommentare! Gerne helfe ich dir weiter.