So viel schon vorweg: Dieser Artikel geht über Standard-Tipps wie „Recherchiere in Datenbanken“ und „Lesen, Lesen, lesen!“ hinaus. Du bekommst praktische Ratschläge und Beispiele für die Suche nach einer Forschungslücke in wissenschaftlichen Abschlussarbeiten.
Du hast Wochen oder sogar Monate damit verbracht, nach einer Forschungslücke zu suchen, die du in deiner wissenschaftlichen Abschlussarbeit bearbeiten kannst. Du hast dich durch unzählige Artikel und Bücher gequält, doch dein Betreuer ist mit keinem deiner Vorschläge zufrieden. Du fühlst dich frustriert und denkst vielleicht sogar, dass du es nie schaffen wirst, dein Exposé zu verfassen. Geschweige denn deine Abschlussarbeit.
Ich verstehe dich und möchte dir sagen, dass du damit nicht alleine bist. Viele Studierende kämpfen mit der Suche nach einer Forschungslücke. Und es kann sehr demotivierend sein, wenn man einfach nicht dahinterkommt, was der Betreuer eigentlich will.
Meine persönliche Meinung über Forschungslücken für Abschlussarbeiten
Bevor ich praktische Tipps gebe, wie man trotz Rückschlägen endlich eine Forschungslücke findet, die dem Betreuer gefällt, möchte ich meine Meinung dazu äußern. Ich denke, dass diese Forderung von den Hochschulen und Betreuern unnötig Druck und Angst erzeugt.
Ich behaupte nicht, dass dies absichtlich geschieht, aber das Ergebnis ist, dass besonders gewissenhafte Studierende oft zögern, ihr Exposé oder ihre Fragestellung beim Betreuer einzureichen.
Und warum ist das so?
Das World Wide Web und der unbegrenzte Zugang zu Studien und Büchern aus Datenbanken und Online-Bibliotheken erwecken den Eindruck, dass es keine Forschungslücken mehr gibt. Und wenn Studierende dann doch mal eine Forschungslücke gefunden haben, glauben sie, dass dieses Thema einer Abschlussarbeit nicht würdig sei. Oder sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht. Mit anderen Worten: Sie entdecken die Forschungslücke aufgrund des Informationsüberflusses nicht.
Mein Hauptgedanke zu „Finden Sie eine Forschungslücke für Ihre Abschlussarbeit“ ist aber kurz und knapp:
Der Anspruch, eine Forschungslücke für die Bachelorarbeit oder Masterarbeit zu finden, ist übertrieben. Dieser Anspruch sollte ausschließlich für Dissertanten und Wissenschaftler gelten, die jahrelang ihr Thema beforschen werden. Daraus abgeleitet ist auch der neunte Tipp, den du weiter unten mit anderen wertvollen Tipps zur Suche von Forschungslücke finden wirst.
9 praktische Tipps, um eine Forschungslücke zu finden
Nutze soziale Medien und Foren
In sozialen Medien und Foren gibt es oft Diskussionen zu aktuellen Themen. Schaue dich dort um und versuche, eine interessante Fragestellung zu finden. Du kannst auch selbst Fragen stellen oder Umfragen starten, um Ideen zu sammeln.
Dazu eigenen sich Twitter, Facebook, Instagram sowie Foren und Diskussionsgruppen zu bestimmten wissenschaftlichen oder fachlichen Themen eine potenzielle Quelle für interessante Fragestellungen oder Forschungslücken sein. Du könntest nach Gruppen oder Communities suchen, die sich mit deinem Fachgebiet oder deinem Forschungsthema beschäftigen und dort Diskussionen, Fragen oder Umfragen verfolgen, um Ideen zu sammeln.
Frage ChatGPT und lass dir mögliche Forschungslücken vorschlagen
Zugegeben, es Bedarf Übung und Kenntnis, den richtigen Prompt zu erstellen. Jedoch habe ich bereits mit einigen Studierenden mit Hilfe der künstlichen Intelligenz richtig coole Anregungen für Forschungslücken bzw. Themen und Fragestellungen erhalten.
Sprich mit anderen Studierenden
Du bist nicht alleine! Sprich mit anderen Studierenden über deine Ideen und Fragestellungen. Vielleicht können sie dir helfen, neue Perspektiven zu finden oder dir Tipps geben, wo du weiter recherchieren kannst. Auch das ist in meiner Facebook-Gruppe möglich.
Befrage Experten und deinen Betreuer
Sprich Experten in deinem Fachgebiet. Sie haben oft einen Überblick über aktuelle Entwicklungen und können dir wertvolle Hinweise geben. Und wer weiß: Vielleicht gibt sich daraus ein spannendes, berufliches Netzwerk.
Und ja: Auch dein Betreuer gilt als Experte. Wenn du dich gut auf das Gespräch über die Forschungslücke mit ihm / ihr vorbereitest, kann sich sogar eine richtig geniale Unterstützung während des gesamten Schreibprozesses ergeben. Das heißt, du könntest von deinem Betreuer besser supportet werden, als deine StudienkollegInnen.
Untersuche lokale Gegebenheiten
Meiner Meinung nach ist das die beste Möglichkeit, eine Forschungslücke zu definieren. Überlege, ob es spezielle Bedingungen oder Gegebenheiten gibt, die in deiner Region oder an deiner Universität besonders relevant sind. Diese könnten einzigartige Möglichkeiten für eine Forschungslücke bieten.
Angenommen, du studierst an einer Universität in einer Region mit einer hohen Konzentration von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Du könntest untersuchen, ob es spezielle Bedingungen oder Gegebenheiten gibt, die für diese Region und ihre KMU relevant sind und die noch nicht ausreichend erforscht wurden.
Betrachte interdisziplinäre Ansätze
Oftmals können Forschungslücken in verwandten Themenbereichen gefunden werden. Schaue also auch über den Tellerrand deines direkten Themas hinaus und überlege, welche Aspekte davon noch nicht ausreichend erforscht wurden.
Angenommen, du schreibst deine Abschlussarbeit im Bereich der Umweltökologie und hast dich auf die Auswirkungen von Klimawandel auf bestimmte Tierarten spezialisiert. Du könntest über den Tellerrand schauen und verwandte Themenbereiche wie Pflanzenökologie oder Bodenökologie in Betracht ziehen.
Durchforste wissenschaftliche Zeitschriften und Konferenzbeiträge
Es gibt zahlreiche Online-Datenbanken, in denen du wissenschaftliche Artikel und Studien zu verschiedenen Themen finden kannst. Nutze diese Datenbanken, um nach neuen Erkenntnissen und Forschungslücken zu suchen.
Angenommen, du schreibst deine Abschlussarbeit im Bereich der Psychologie und hast dich auf das Thema Schlafstörungen spezialisiert. Du könntest Online-Datenbanken wie PubMed, PsycINFO oder Google Scholar nutzen, um nach wissenschaftlichen Artikeln und Studien zu suchen, die sich mit dem Thema Schlafstörungen befassen.
Während du die Literatur durchschaust, könntest du auf interessante Befunde oder widersprüchliche Ergebnisse stoßen. Diese könnten auf potenzielle Forschungslücken hinweisen. Zum Beispiel könntest du feststellen, dass es wenig Forschung zu bestimmten Altersgruppen, ethnischen Gruppen oder sozialen Kontexten im Zusammenhang mit Schlafstörungen gibt. Oder du könntest auf Studien stoßen, die auf Lücken in der Methodik oder Einschränkungen in den vorhandenen Forschungsergebnissen hinweisen.
Aber Achtung: Bleib realistisch und nimm dir methodisch nur das vor, was auch wirklich umsetzbar ist!Analysiere aktuelle Entwicklungen
Oftmals gibt es in einem Fachbereich aktuelle Entwicklungen oder Trends, auf die noch nicht ausreichend eingegangen wurde. Analysiere also, welche Entwicklungen es in deinem Fachbereich gibt und ob sich daraus möglicherweise Forschungslücken ergeben.
Angenommen, du schreibst deine Abschlussarbeit im Bereich der Sozialwissenschaften und interessierst dich für das Thema Migration. Bei deiner Analyse könntest du feststellen, dass es in der Migrationforschung viele Studien zur Integration von Migranten in Gastländern gibt, jedoch wenig Forschung zur Integration von zurückkehrenden Migranten in ihre Herkunftsländer existiert. Hier könntest du eine Forschungslücke identifizieren und deine Abschlussarbeit darauf ausrichten, welche Herausforderungen und Chancen sich für zurückkehrende Migranten ergeben und welche Maßnahmen zur Unterstützung ihrer Integration getroffen werden können.
Reiche doch einfach mal dein Lieblings-Thema ein!
Was ich damit sagen will, ist, dass du weniger gewissenhaft sein sollst. Es ist beinahe unmöglich eine echte Forschungslücke für eine Abschlussarbeit zu finden. Wenn, dann befasst sich ohnehin nur ein kleiner Teil deiner Arbeit mit der „Forschungslücke“.
Daher: Reiche doch einfach mal ein Thema bzw. ein Exposé ein und warte auf die Rückmeldung deines Betreuers.
Du wirst sehen: Wenn das Exposé gut ist, und keine eindeutige Forschungslücke erkennbar ist, wird das Exposé dennoch genehmigt werden. Zumindest aber bekommst du eine erste Rückmeldung und Gedankenanstöße, wohin du dich thematisch weiterbewegen kannst / sollst.
Fazit
Einleitend habe ich erwähnt, dass es vor allem die gewissenhaften Studierenden schwer haben, eine Forschungslücke zu finden. Was aber, wenn es für Bachelorarbeiten und Masterarbeiten völlig übertrieben ist, eine Forschungslücke zu bearbeiten?
Was ist, wenn du mit besten Wissen und Gewissen versuchst, eine Forschungslücke zu deinem Liebslings-Thema zu finden? Und wenn du nicht die ultimative Forschungslücke findest, dass du zu deinem Lieblings-Thema ein perfektes Exposé inkl. Problemstellung, Forschungsfrage, Zielsetzung, wasserdichte Methodik usw. schreibst und abgibst.
Dann wartest du auf die Rückmeldung deines Betreuers. Mit dieser Rückmeldung kannst du deine Exposé überarbeiten und erneut einreichen. Ein "Nein", das du schlimmsten Falls von deinem Betreuer erhältst, ist lediglich der erste konstruktive Richtungsweiser für die weitere Themenfindung. Bzw. dein erstes Exposé ist die perfekte Gesprächsgrundlage mit deinem Betreuer.
Wichtig ist, dass du kein 0-8-15-Exposé abgibst, sondern dir ernsthafte Gedanken zu deiner Arbeit machst. Denn ansonsten wird er dir das undurchdachte Exposé zurückwerfen und dir kaum weitere Unterstützung bieten.
Und nur um sicher zu gehen, dass das jetzt nicht missverstanden wird: Ein gutes Exposé ist nicht abschließend davon abhängig, ob du die perfekte Forschungslücke gefunden hast!
Was du noch tun kannst
Wenn du weitere Unterstützung bei der Themenfindung benötigst, empfehle ich dir meinen Online-Kurs “Das perfekte Exposé”. Hier lernst du nicht nur, wie du ein geeignetes Thema findest und eingrenzt, sondern auch, wie du ein überzeugendes Exposé verfasst.