Ich liebe diese Frage. Sie gehört sozusagen zum Standardfragenkatalog, wenn Studierende Fragen an mich richten. Wenn ich weiter nachfrage, stellt sich schnell heraus, dass sie eigentlich meinen „Welche ist die einfachste empirische Methode?“. Nun ja, da sich diese Frage nicht generell beantworten lässt, müsste der Studierende die Frage wie folgt stellen: „Welche ist die einfachste empirische Methode für mich?“ Und das ist genau das, was er unterm Strich wissen möchte.
Um eines vorweg klar zu stellen: In diesem Artikel gehe ich dieser Frage auf den Grund. Mit meinen Antworten mache ich mich bei Wissenschaftlern ziemlich sicher sehr unbeliebt. Jedoch ist mein Ziel, DIR den Weg zur Abschlussarbeit zu erleichtern, dir Zeit zu sparen und deine Motivation aufrecht zu erhalten.
Das erwartet dich in diesem Blogartikel
- Was ist empirische Forschung und welche Methoden gibt es?
- Welche Leitfragen musst du dir bei der Wahl deiner Methode stellen?
- Welche ist die beste Methode aus wissenschaftlicher und aus persönlicher Sicht.
- Checkliste für die Wahl der empirischen Methode aus persönlicher Sicht.
Grundsätzliches zur empirischen Forschung
Was ist eine empirische Forschungsmethode?
Bei einer empirischen Forschung erhebst du Primärdaten. Das heißt, du führst selbst eine Forschung durch und erhebst anhand der Forschung noch nie dagewesenes Datenmaterial. Die empirische Forschung basiert aber immer auf einer Literaturrecherche. Die Literaturrecherche ist im Gegenzug dazu eine sekundäre Methode, bei der du mit bereits existierendem Datenmaterial arbeitest.
Grundsätzlich wird zwischen quantitativen Forschungsmethoden und qualitativen Forschungsmethoden unterschieden. In der quantitativen Forschung steht die Messung von numerischen (bzw. zählbaren) Daten im Vordergrund. Diese werden erhoben und anschließend unter Anwendung statistischer Modelle ausgewertet. Bei der qualitativen Forschung geht es darum, komplexe Zusammenhänge zu verstehen und zu interpretieren. Dafür werden nicht standardisierte bzw. nicht numerische Daten erhoben und ausgewertet. Es gibt auch die Mixed-Method, bei der sowohl quantitative als auch qualitative Daten erhoben werden.
Die Vor- und Nachteile einer empirischen Forschung
Die Vorteile einer eigenen Erhebung sind folgende:
- Du gewinnst neue Erkenntnisse in deinem Themenbereich
- Die Forschung hat Praxisbezug
- Du bist nicht auf bestehende Literatur angewiesen, sondern du arbeitest mit deinen eigenen, aktuellen Ergebnissen
Als Nachteile können wir folgende Aspekte nennen:
- Du bist auf die Kooperationen der Teilnehmenden (z.B. Interviewpartner) angewiesen
- Die Durchführung einer eigenen Studie erfordert einen hohen Arbeits- und Ressourcenaufwand
- Die Ergebnisse können ggf. eingeschränkt angewendet werden, da das Untersuchungsumfeld künstlich ist
Muss ich eine empirische Forschung in meiner Thesis durchführen?
Das hängt von den Vorgaben deiner Hochschule ab. Zumeist werden für Bachelorarbeiten reine Literaturarbeiten und für Masterarbeiten und Dissertationen empirische Arbeiten, die einen Literaturteil als Basis haben, vorgeschrieben. Bevor du also mit deiner Planung startest, informiere dich genau.
Wovon ich abrate, sind Fleißaufgaben. Wenn du „nur“ eine Literaturrecherche durchführen musst, dann mach nur die Literaturrecherche. Du hast nämlich nicht mehr Zeit, nur weil du dir den Mehraufwand mit einer empirischen Forschung. Und für eine gute Forschungsarbeit brauchst du Zeit. Deshalb hat es auch nicht zwangsweise einen positiven Einfluss auf deine Note, wenn du freiwillig quantitativ oder qualitativ forschst. Stell dir doch folgende Frage, wenn du eine reine Literaturrecherche durchführen darfst:
Was wird besser benotet? Eine gute Arbeit mit reiner Literaturrecherche oder eine Arbeit mit einem schlechten (weil zu wenig Zeit und/oder Platz) empirischen Teil?
Zur Wahl der empirischen Methode
Warum ist es so schwer, sich für eine Methode zu entscheiden?
In meinen Gesprächen mit Studierenden hat sich herausgestellt, dass für sie die Wahl der empirischen Methode so schwierig ist, weil sie nicht den Überblick haben, welche empirische Methoden es eigentlich gibt, geschweige denn wie diese durchzuführen sind und in weiterer Folge auch, wann diese anzuwenden sind.
Deshalb müsste die erste Aufgabe des Studierenden sein, sich einen Überblick zu verschaffen. In Anbetracht dessen, wie viele Forschungsmethoden es gibt, kann das mehr Zeit in Anspruch nehmen, als zur Verfügung steht. Gerne stelle ich dir nachstehenden die häufigsten Forschungsmethoden für Bachelorarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen vor.
Ein Überblick: Welche empirischen Methoden gibt es?
Interviews
- Leitfadeninterviews: Strukturierte Interviews (z.B. Telefoninterviews), Teilstrukturierte Interviews (z.B. Halbstandardisiertes Interview, Experteninterview)
- Narratives Interview
- Problemzentriertes Interview
Beobachtung
- Teilnehmend oder nicht teilnehmend
- Aktiv teilnehmend oder passiv teilnehmend
- Offen oder verdeckt
- Strukturiert oder unstrukturiert
- Feld oder Labor
- Mit Protokoll oder Video
- …
Umfrage
- Mündlich oder schriftlich
- Digital/online oder F2F
- Standardisiert oder Teilstandardisiert
Inhaltsanalyse
- Bildanalyse
- Filmanalyse
- Textanalyse
- Medienanalyse (z.B. Zeitschriften, Social Media Kanäle, ...)
Gruppendiskussion
Experiment (Versuchs- und die Kontrollgruppe)
- Labor
- Feld
- Klinische Studien
Systematic Literature Review
Meta-Analyse
Mystery Research
Tagebuch
u.v.m
Wissenschaftliche Leitfragen, um die empirische Methode zu wählen
Wenn du dich mit den oben beschrieben empirischen Forschungsmethoden näher auseinandersetzt, bedenke , dass du sie ganzheitlich betrachtest musst. Damit meine ich, dass du dir Gedanken über die Planung, Durchführung/Erhebung, Auswertung und Ergebnisdarstellung machst. Und Gedanken machst du dir, indem du dir folgende Leitfragen stellst:
Welche Form der Datenerhebung eignet sich für die Beantwortung meiner Fragestellung:
- qualitative Erhebungsverfahren
- quantitative Erhebungsverfahren oder
- eine Kombination aus beiden Erhebungsformen?
Welche Erhebungs- und Auswertungsverfahren stehen zur Verfügung?
- Inhaltsanalyse
- Grounded-Theory-Methodologie
- …
Welches Design ist erforderlich?
- Einzelfallanalyse
- Feldforschung oder
- Dokumentenanalyse?
- Wie sieht meine Stichprobe/mein Sample/meine Zielgruppe genau aus? Wie viele Teilnehmer brauche ich?
Wie möchte ich die Ergebnisse vorläufig darstellen?
- Grafisch
- Tabellarisch
- Prototyp
- Modell
- …
Welche Ressourcen benötige ich und kann ich diese bereitstellen?
- Zeitliche Ressourcen
- Mittel (Transkription, Eingabe in Datenverarbeitungsprogramm, …). Ein gutes Transkriptionstool ist meiner Meinung nach Amberscript.
- Wie und wo erreiche ich meine Zielgruppe/meine Teilnehmer?
Mit welcher Forschungsmethode erhebe ich die Daten?
Du siehst, es gibt einiges zu beachten, wenn es um die Wahl der Forschungsmethode geht. Deshalb rate ich dir, mit diesen Leitfragen im Hinterkopf zunächst ein paar leicht verständliche YouTube-Videos anzusehen. Danach holst du dir wissenschaftliche Bücher zu den Forschungsmethoden, die für dich in Frage kommen. Denn du brauchst diese Bücher, um die Methode wissenschaftlich korrekt durchzuführen (YouTube-Videos eignen sich dazu weniger ) und du brauchst die Bücher auch dafür, um dein Vorgehen in deiner Thesis wissenschaftlich zu belegen.
Welche empirische Methode soll ich nun wählen?
Die Methodenwahl aus wissenschaftlicher Sicht
Rein wissenschaftlich gesehen geht es bei der empirischen Forschung nicht darum, dass sie leicht durchzuführen ist, sondern dass sie so gewählt wird, dass die Forschungsfrage beantwortet und die Zielsetzung der Arbeit erreicht werden kann.
Die Methodenwahl aus persönlicher Sicht
Nun ist es aber meiner Meinung nach oft so, dass manche Studierende nicht gut genug auf alle empirischen Methoden vorbereitet wurden. Anders betrachtet können sie auch nicht auf jede empirische Forschung vorbereitet werden. Wenn der Studierende daher nicht das Talent/das Interesse mitbringt, sich während der Abschlussarbeit sich ggf. eine neue empirische Forschung selbst beizubringen, besteht die Gefahr, dass das „Ausprobieren“ daneben geht. Anders ausgedrückt:
Das Üben einer empirischen Methode eignet sich meiner Meinung nach nur bedingt bei einer Abschlussarbeit.
Es hängt viel zu viel davon ab. Deshalb schlage ich mich bei diesem Thema immer wieder auf die Seite der Studierenden und spreche folgende Empfehlung aus:
Richte die Wahl der empirischen Methode nach deinen persönlichen Erfahrungen. Wenn es sein muss (liebe Wissenschaftler, bitte diesen Satz nicht zu Ende lesen!), passe sogar die Zielsetzung und die Forschungsfrage danach an.
Ausnahmen: Du interessierst dich so brennend dafür, eine neue Methode auszuprobieren und weißt, dass du das gerne und gut kannst. Oder du weißt auch, dass du jemanden hast, der dich dabei unterstützen kann.
Checkliste, um aus persönlicher Sicht deine Methode zu wählen
Muss ich eine empirische Forschung durchführen?
- Wenn nicht: Tu es auch nicht!
- Wenn ja: Stell dir die zwei folgenden Fragen:
Mit welcher empirischen Methode bin ich vertraut? Gehe dafür die wissenschaftlichen Leitfragen von oben durch!
Kann ich damit meine Forschungsfrage beantworten und meine Zielsetzung erreichen (Ressourcen, Wissen)?
- Wenn ja: los geht’s!
- Wenn nicht: Will ich eine neue Methode erlernen/mit Hilfe umsetzen oder passe ich meine Forschungsfrage/Zielsetzung an? Mit welcher Methode würde ich mich am liebsten auseinandersetzen?
Zusammenfassung
Aus wissenschaftlicher Sicht wählst du diese empirische Methode, mit der du deine Forschungsfrage am besten beantworten und die Zielsetzung am besten erreichen kannst.
Aus persönlicher Sicht wählst du die Methode, mit der du bereits in Kontakt gekommen bist. Bei der Wahl der Forschungsmethode ist wichtig, dass du die Methode ganzheitlich betrachtest. Das heißt, von der Planung bis zur Ergebnisdarstellung. Denn oftmals werden wesentliche Schritte einer Forschungsmethode übersehen oder unterschätzt (Stichwort „Transkription“ oder „Auswertung“ bei Interviews). Es hat jede Methode ihre Vor- und Nachteile. Darüber aber in einem anderen Blogartikel mehr.
Wenn du dir die Frage stellst „Wie führe ich meine empirische Forschung durch?“, sei es mit Experteninterviews, mit Umfragen, mit Beobachtung mit der Methode des Tagebuches, mit Statistik oder Inhaltsanalysen dann sichere dich ab, indem du dich von einem akademischen Mentor durch diesen Prozess begleiten lässt oder dich mit unseren Online-Kursen Schritt-für-Schritt durchführen lässt.
Wir planen mit dir dein methodisches Vorgehen, setzen es mit mir um und werten es mit dir aus. Mit uns ersparst du dir unglaublich viel Zeit und du machst keine Fehler.
Beides führt dazu, dass du motivierter bist und obendrein auch noch eine bessere Note erhältst. Buche dir daher deine kostenfreie Meilenstein-Session. Wir freuen uns darauf, dich strahlen zu sehen.
>> Für welche Methode hast du dich entschieden oder wirst du dich entscheiden? Gab es Situationen innerhalb deiner empirischen Forschung, mit denen du nicht gerechnet hattest?